Das Baskenland und die Gesundheit – zwischen Tradition und Moderne
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Das Baskenland und die Gesundheit – zwischen Tradition und Moderne
Das Baskenland, diese Region im äußersten Norden Spaniens und Südwesten Frankreichs, fällt nicht nur durch seine Sprache, Kultur und kulinarischen Eigenheiten auf. Auch im Bereich Gesundheit gibt es Spannendes zu entdecken. Von überlieferten Heilpraktiken bis hin zu einem modernen Gesundheitssystem, das international Maßstäbe setzt, lohnt sich ein genauer Blick.
Traditionelle Heilpraktiken: Wissen aus den Tälern und Bergen
Die baskische Volksmedizin ist tief verwurzelt in der Natur. Kräuter, Mineralien, Rituale – vieles davon wurde über Generationen weitergegeben. Manche Praktiken wirken archaisch, andere verblüffend modern.
Heilpflanzen: Typisch ist die Nutzung von Pflanzen wie Schafgarbe (Achillea millefolium) gegen Verdauungsprobleme oder Thymian gegen Atemwegsbeschwerden. Auch Eukalyptus, der im Baskenland seit dem 19. Jahrhundert angebaut wird, fand rasch Eingang in die Volksmedizin.
Kuriose Anwendungen: Gegen Hautleiden verwendeten Bauern früher Schwefelquellen wie in Zestoa, das seit dem 18. Jahrhundert als Heilbad bekannt ist. Balneotherapie war hier kein Luxus, sondern alltägliche Gesundheitsvorsorge.
Hexen und Heilerinnen: Bis ins 17. Jahrhundert existierte die Vorstellung, dass bestimmte Frauen besondere Kräfte hätten. Diese „sorginak“ (Hexen) verbanden medizinisches Wissen mit Ritualen. Oft war es schlicht Wissen um Kräuter – das allerdings von der Inquisition verfolgt wurde.
Manche Traditionen überlebten in abgeschiedenen Bergdörfern. Heute werden sie in ethnobotanischen Studien dokumentiert. Besonders interessant: Viele Rezepturen stimmen mit modernen pharmakologischen Erkenntnissen überein.
Moderne Medizin im Baskenland
Springen wir in die Gegenwart. Das baskische Gesundheitssystem zählt innerhalb Spaniens zu den leistungsfähigsten. Verantwortlich dafür ist die Organisation Osakidetza, der öffentliche Gesundheitsdienst der Autonomen Gemeinschaft Baskenland. Gegründet 1984, umfasst er heute mehr als 35.000 Beschäftigte.
Ein paar Fakten:
Rund 1.5 Milliarden Euro gibt die baskische Regierung jährlich für Gesundheit aus (Stand 2023).
Über 300 Gesundheitszentren und mehr als 15 große Krankenhäuser gehören zu Osakidetza.
Die Lebenserwartung im Baskenland liegt über dem europäischen Durchschnitt: Frauen etwa 86 Jahre, Männer rund 80 Jahre.
Das System ist steuerfinanziert, Behandlungen sind weitgehend kostenlos. Ähnlich wie im restlichen Spanien, aber mit höherer Autonomie. Wer in Bilbao oder Donostia ins Krankenhaus geht, erlebt moderne Infrastruktur, digitalisierte Abläufe und oft auch eine zweisprachige Betreuung – Spanisch und Baskisch.
Prävention und Gesundheit im Alltag
Ein wesentlicher Punkt: Die baskische Politik setzt stark auf Prävention. Programme zur Tabakentwöhnung, Adipositasprävention bei Jugendlichen oder Förderung von Bewegung sind fest verankert. Schulen bieten oft gesunde Mittagessen an, die stärker an mediterranen Prinzipien orientiert sind – mit Fisch, Gemüse und Hülsenfrüchten. Kein Wunder, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen hier seltener auftreten als in vielen anderen Regionen Spaniens.
Ein kleiner Einschub: Natürlich, auch im Baskenland gibt es Fast-Food-Ketten und Menschen, die zu viel sitzen. Aber der gesellschaftliche Druck, sich regelmäßig zu bewegen, ist hoch. Wandern in den Bergen, Surfen an der Küste oder Radfahren sind nicht Lifestyle-Trends, sondern Alltag.
Zwischen Schulmedizin und Tradition
Spannend ist die Schnittstelle zwischen traditionellem Wissen und moderner Medizin. Universitäten wie die Universität des Baskenlandes (UPV/EHU) forschen zu ethnobotanischen Praktiken. Dabei geht es weniger um Folklore als um die Frage: Welche Pflanze könnte Grundlage für neue Medikamente sein?
Ein Beispiel: Die Rinde der Steineiche, traditionell gegen Durchfall eingesetzt, enthält Gerbstoffe, die tatsächlich medizinisch wirksam sind. Solche Funde sind keine Zufälle, sondern zeigen, wie viel empirisches Wissen in ländlichen Regionen weitergegeben wurde.
Zugleich gibt es private Heilpraktiker und alternative Therapien – von Akupunktur bis Homöopathie. Die Nachfrage ist da, auch wenn die Akzeptanz im offiziellen System begrenzt bleibt.
Psychische Gesundheit: Ein Tabuthema im Wandel
Lange Zeit war psychische Gesundheit ein schwieriges Thema im Baskenland. Besonders in den 1980er- und 1990er-Jahren, als politische Gewalt der ETA die Region prägte, stiegen Stress, Angststörungen und Depressionen stark an. Heute gibt es spezialisierte Kliniken und Programme für Traumatherapie.
Die Zahl der Psychologen im öffentlichen System wurde in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Trotzdem: Wartezeiten können lang sein. Private Praxen sind für viele eine Ausweichmöglichkeit, auch wenn sie teurer sind.
Gesundheitstourismus: Von Thermalquellen bis High-Tech-Kliniken
Das Baskenland ist nicht nur für Einheimische ein Ort der Heilung. Gesundheitstourismus spielt eine wachsende Rolle. In Zestoa oder Karrantza ziehen Thermalquellen Besucher aus ganz Spanien an. Gleichzeitig entwickeln sich Kliniken in Bilbao zu Zentren für Spitzenmedizin, etwa in der Onkologie oder der Herzchirurgie.
Ein Beispiel: Das Hospital Universitario Cruces in Barakaldo gilt als Referenzzentrum für Organtransplantationen. 2022 wurden dort über 200 Transplantationen durchgeführt – eine der höchsten Quoten in Europa.
Herausforderungen
Natürlich ist nicht alles perfekt. Es gibt Engpässe bei Hausärzten, besonders in ländlichen Gegenden. Der demografische Wandel macht sich bemerkbar: Mehr ältere Menschen, weniger junge Ärzte. Auch die Integration der baskischen Sprache in allen medizinischen Bereichen ist noch nicht abgeschlossen. Viele Patienten wünschen sich eine muttersprachliche Betreuung, die nicht überall gewährleistet ist.
Zudem wächst die Belastung durch chronische Krankheiten wie Diabetes oder Krebs, trotz insgesamt gesunder Lebensweise. Auch hier zeigt sich: Traditionelle Heilmethoden allein reichen nicht, moderne Medizin ist unverzichtbar.
Fazit
Das Baskenland ist ein spannendes Beispiel dafür, wie Tradition und Moderne im Gesundheitswesen nebeneinander existieren können. Zwischen Schafgarbe und High-Tech-Transplantationszentrum, zwischen Hexenlegenden und digitalisierten Patientenakten, zwischen Atlantikwellen und Präventionsprogrammen. Gesundheit ist hier kein abstraktes Konzept, sondern tief verwoben mit Alltag, Kultur und Politik.
FAQ
Welche Rolle spielen traditionelle Heilmethoden heute noch im Baskenland?
Sie sind vor allem in der Forschung und im kulturellen Gedächtnis präsent. Praktisch genutzt werden sie noch in alternativen Praxen, aber nicht mehr flächendeckend.
Wie gut ist das Gesundheitssystem im Baskenland?
Sehr leistungsfähig, modern ausgestattet und für die Bevölkerung kostenlos zugänglich. Es zählt zu den besten regionalen Systemen in Spanien.
Gibt es im Baskenland Kurorte?
Ja, besonders bekannt ist Zestoa mit seinen Schwefelquellen. Balneotherapie hat eine lange Tradition.
Wie hoch ist die Lebenserwartung im Baskenland?
Frauen leben im Schnitt etwa 86 Jahre, Männer rund 80 Jahre – damit liegt die Region über dem EU-Durchschnitt.
Wird im baskischen Gesundheitssystem auch Baskisch gesprochen?
Ja, zunehmend. Aber die Abdeckung ist regional unterschiedlich.
Labels: Baskenland, Gesundheit, traditionelle Heilmethoden, Osakidetza, Ethnomedizin, Prävention, Psychische Gesundheit, Spanien, Thermalquellen, Lebenserwartung
Meta-Beschreibung: Eine Reise durch das Gesundheitssystem des Baskenlands – von alten Heilpflanzen und Thermalquellen bis zu modernen Kliniken und Präventionsprogrammen. Tradition trifft High-Tech.
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